Gusswerkstatt von der Qubbet el-Hawa.

Erfassung, Analyse und Kontextualisierung der Materialien einer Bronzegusswerkstatt von der Qubbet el-Hawa.

In Kooperation mit der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung in Berlin (BAM), gefördert durch die Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung.
Laufzeit: abgeschlossen 2015
Im Jahr 1969 wurde im Rahmen der Ausgrabungen des Instituts für Ägyptologie der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn auf dem Gräberberg der Qubbet el-Hawa im Süden Ägyptens in einer Grablege aus der ägyptischen Spätzeit eine Vielzahl von Artefakten gefunden – darunter der bis heute einzigartige Fund der Überreste einer Gusswerkstatt.
Die entdeckten Gussformen dienten zur Herstellung von Götterfiguren aus Bronze. Üblicherweise wurden diese Formen zerschlagen, wenn die darin gegossenen Objekte herausgenommen wurden. Daher sind – mit der Ausnahme dieses Fundes – grundsätzlich Gussformen aus dieser Zeit nicht erhalten.
In einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und des LVR-LandesMuseums Bonn wurde die Gussformen mit finanzieller Unterstützung durch die Fritz Thyssen Stiftung mit modernen Methoden untersucht.
Aufnahmen mit dem Mikro-Computertomographen (μCT) der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Berlin/BAM, Fachbereich 8,5 Mikro-ZFP erlauben sensationelle Einblicke in das Innere der Tonformen. Sie enthüllen den aus mehreren Schichten aufgebauten Gussmantel, der das aus Wachs hergestellte Gussmodell umschließt. Das mehrschichtige Verbundmaterial konnte selbst feinste Details der Modellierung sauber abformen. Es war auch stabil genug, dem Druck des flüssigen Metalls standzuhalten, und zudem leicht porös, damit die verdrängte Luft entweichen konnte, ohne die Form zu zersprengen. Der filigrane Aufbau des Gusssystems ermöglichte den Guss von bis zu zweiunddreißig Amulettfigürchen aus einer Form. Einige Formen dokumentieren zudem ein Reparaturverfahren, bei dem zerbrochene Formen durch den sogenannten „Überfangguss“ ergänzt wurden.
Neben Gussformen enthält das Konvolut auch Negativformen, die der Herstellung von Wachsmodellen dienten. Selbst einige der empfindlichen Wachsmodelle blieben erhalten. Untersuchungen bei Forschungseinrichtungen in Mannheim, Köln, München und Berlin konnten die Zusammensetzung und Herkunft der verwendeten Materialien klären; es handelt sich um Metall, Holz, Wachs, Harz und Keramik. Mit Hilfe der CT-Rekonstruktion einer nur als Hohlraum existierenden Statuette konnte diese Figur in einem experimentellen Guss zum ersten Mal gegossen werden.
Das Projekt ist herausragendes Beispiel der Kooperation der Universität Bonn mit dem LVR-LandesMuseum Bonn auf dem Gebiet der archäologischen Forschung.
Weiterführende Links:
Publikationen:
Martin Fitzenreiter, Frank Willer und Johannes Auenmüller: Materialien einer Gusswerkstatt von der Qubbet el-Hawa. Mit Beiträgen von Dietmar Meinel, Roland Schwab, Ursula Baumer, Patrick Dietemann, Gerwulf Schneider, Ursula Tegtmeier und Thorsten Geisler-Wierwille, Bonner Aegyptiaca, EB Verlag Dr. Brandt, Berlin 2016.

Ansprechpartner:

Frank Willer
Restaurator Metall, LVR-LandesMuseum Bonn
Prof. Dr. Michael Schmauder
Abteilungsleiter Bestandspflege und Sammlungserschließung, LVR-LandesMuseum Bonn