Schwarz-weiß Fotografie der historischen Fassade des Landesmuseums Anfang des 20. Jahrhunderts. Foto: LVR-LandesMuseum Bonn.

Die Geschichte des Museums

Das LVR-LandesMuseum Bonn ist eines der ältesten Museen in Deutschland. Es kann mittlerweile auf eine spannende, über 200-jährige Geschichte zurückblicken.

Die Anfänge

Am 4. Januar 1820 wurde in Bonn das „Antiquitätenkabinett Rheinisch-Westphälischer Alterthümer“ gegründet – auch genannt „Museum vaterländischer Alterthümer“. Dieses durch einen Erlass des bedeutenden preußischen Staatskanzlers Karl August Fürst von Hardenberg ins Leben gerufene Museum gilt als der frühste Vorgänger des heutigen LVR-LandesMuseums.
Die Königl. Preußische Regierung hat durch eine Anordnung des Fürsten Staatskanzlers vom 4. Januar 1820 einen neuen Beweis gegeben, welches Intereße sie für die Bildung und für den Flor der Wissenschaften und Künste in den Rheinisch-Westfälischen Provinzen nimmt, indem durch ein planmäßiges und zusammenhängendes Verfahren die zerstreuten Bruchstücke aus der altdeutschen und Römischen Zeit vor Zerstörung, Verstümmelung und Zersplitterung sichergestellt werden sollen.
Preußischen Staats-Zeitung, 4. März 1820
Aufgabe des Museums waren die Ausgrabung, die Erhaltung und das Sammeln von Artefakten aus der Vor-und Frühgeschichte und von Zeugnissen der römischen Anwesenheit im Rheinland. Leider stand die Anfangszeit des Museums unter weniger guten Vorzeichen als erhofft: Nach zwei Jahren verstarb 1822 Fürst von Hardenberg und Wilhelm Dorow, der erste Direktor, verließ das Museum. Ohne eigene Räumlichkeiten, ohne substantielle staatliche Förderung und am Desinteresse der Bevölkerung leidend, musste das Museum versuchen, seinen Platz in der Bonner Kulturlandschaft zu finden.

Neugründung: Das Provinzialmuseum

Die Lage des Museums verbesserte sich – oder viel eher: Änderte sich gänzlich – in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auf Beschluss des Provinziallandtags in Düsseldorf wurde 1874 die Gründung des Provinzialmuseums Bonn initiiert. Treibende Kraft war hier insbesondere Ernst aus’m Weerth, der später der erste Direktor des Provinzialmuseums wurde. Das Museum sollte, nicht zuletzt im Lichte eines neu erwachten Interesses für die Historie der eigenen Nation, die kulturelle Geschichte des Rheinlands von seinen Anfängen bis zur Gegenwart abbilden. Die Sammlung dieses neu gegründeten Provinzialmuseums setzte sich aus der bereits bestehenden Sammlung des „Museums vaterländischer Alterthümer" und aus der Sammlung des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande zusammen. Die ursprüngliche Funktion des Museums, die archäologischen Zeugnisse sowohl durch Grabung, Forschung und Bewahrung zu erhalten, wurde bestätigt und die enge Zusammenarbeit mit der Bodendenkmalpflege gefestigt.
Die Gründung des Provinzialmuseums umfasste zudem eine strukturelle Erneuerung: Das Museum unterstand nun der „Provinzialverwaltung der Rheinlande“ – der Vorläuferorganisation des heutigen Landschaftsverbands Rheinland (LVR). Dieser Umstand sollte in der Zukunft durchaus große Bedeutung für das Museum haben.
Nach seiner Gründung hatte auch das Provinzialmuseum mit einer gewissen Raumnot zu kämpfen, da dem Museum kein eigenes Gebäude zur Verfügung stand. Ein Teil der Sammlung war zwar beständig in der Universität Bonn untergebracht, andere Sammlungskonvolute mussten jedoch immer wieder ihren Standort wechseln. Eine optimale Nutzung der Sammlung war so kaum möglich. Der Einzug des Provinzialmuseums in das eigene Haus am heutigen Standort in der Colmantstraße erfolgte 1893. Dank des Neubaus konnte die Sammlung nun zusammenhängend präsentiert werden.
Historische Aufnahme der Oberlichthalle um 1909. Entlang des Geländers stehen Skulpturen, von oben fällt Licht durch die Glasdecke. Foto: LVR-LandesMuseum Bonn.

Die Oberlichthalle um 1909.
Foto: LVR-LandesMuseum Bonn.

Auch im Provinzialmuseum wurde die Sammlung durch Grabungen, Ankäufe und Schenkungen beständig erweitert und verändert. Das Sammeln von Gemälden, obwohl nicht vollkommen vernachlässigt, stand dabei nicht unbedingt im Fokus der Sammlungsentwicklung des Hauses. Im Jahr 1902 wurde der Stadt Bonn eine Leihgabe von 226 Gemälden aus der Sammlung des Ehepaars Wesendonck angeboten. Die Bilder wurden 1909 von der Stadt an das Museum gegeben. Zunächst eine Leihgabe, wurden viele Stücke der Sammlung 1925 dem Wesendonck Erben durch das Museum und die Stadt Bonn abgekauft. So vervielfachte sich der Bestand an Gemälden – Alte Meister und aktuellere Kunst – am Beginn des neuen Jahrhunderts sprunghaft. Tatsächlich wurde der Umfang der Sammlung damit so groß, dass nun ein dringend benötigter Anbau realisiert wurde.

Das Museum in der NS-Zeit

Die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland 1933-1945 ging am Museum keinesfalls spurlos vorbei. Bereits kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 erhielt das SA und NSDAP Mitglied Hans-Joachim Apffelstaedt als neuer Kulturdezernent im Rheinland großen Einfluss auf das Museum und wusste diesen zu nutzen, um die eigenen kulturpolitischen Ideen umzusetzen.

Mit der Übernahme der Rheinischen Provinzialverwaltung durch den Nationalsozialisten Heinrich Haake wurden Umstrukturierungen des Museums großzügig finanziert – mangelnde finanzielle Mittel waren in den Jahren zuvor noch ein ständiges Hemmnis in der Entwicklung des Museums gewesen – und eine inhaltliche Neuausrichtung der Präsentation vorgenommen. Das Museum sollte als Prestigeobjekt der Nationalsozialisten den neuen Typus eines Museums abbilden, das eine „volksnahe Bildungsstätte“ sein und die nationalsozialistische Ideologie kulturpolitisch untermauern sollte. So wurden in der Ausstellung die provinzialrömischen Objekte zu Gunsten der Vor- und Frühgeschichte weit in den Hintergrund gerückt. Es sollte ein Fokus auf vermeintlich deutsche Vorfahren gelegt werden, römisches galt als uninteressant und in der Vergangenheit über Gebühr bevorzugt. 1934 wurde zudem der Name von „Provinzialmuseum Bonn“ in „Rheinisches Landesmuseum“ geändert.

Während der Umgestaltung wurden Objekte veräußert, die nicht in das angestrebte Konzept passten. Beispielsweise wurde ein großer Teil der Wesendonck-Sammlung 1935 in einer Auktion bei Lempertz in Köln versteigert. Für die Realisierung der nationalsozialistischen Ansprüche an das Haus erhielt das Museums immer neue finanzielle Mittel von der Rheinischen Provinzialverwaltung und Sponsoren, die zu nicht unerheblichen Teilen für den Ankauf von Gemälden genutzt wurden.

Neugestaltung des Museums im Sinne der nationalsozialistischen Geschichtserzählung. Die Betonung der

Ideologisch geprägte Objektpräsentation: Der Bereich „Kampf um den Rhein". Foto: LVR-LandesMuseum Bonn.

Bei den Neuerwerbungen wurde ein Schwerpunkt auf solche Gemälde rheinischer und flämisch-niederländischer Maler gelegt, die als „artverwandt“ galten. Viele dieser Kunstwerke wurden durch Apffelstaedt und den Leiter der Gemäldegalerie des Museums, Franz Rademacher, in Paris, Amsterdam und Brüssel gekauft. Die Kunstwerke stammten häufig aus Sammlungen, die zuvor ihren Besitzern und Besitzerinnen enteignet worden waren oder deren Besitzer bzw. Besitzerinnen sich durch Flucht und Emigration zum Verkauf ihrer Sammlungen genötigt sahen.
Obwohl das Museum Ende August 1939 für das Publikum geschlossen wurde und große Teile der Sammlung in verschiedene Kunstschutzdepots verbracht wurden, konnte der Verlauf des Krieges das Akquirieren von neuen Exponaten nicht bremsen: Noch in der ersten Hälfte des Jahres 1944 reisten Mitarbeiter des Museums nach Frankreich, um im besetzten Paris bei Galeristen und in Museen Gemälde für die Sammlung zu kaufen.
Viele der Gemälde, die in dieser exzessiven Ankaufphase während des Krieges ins Rheinische Landesmuseum bzw. dessen Schutzdepots gelangten, wurden direkt nach Ende des Krieges und der Öffnung der Depots von den Alliierten an die Herkunftsländer zurückgegeben. Über die Herkunft und den Umgang mit Objekten, die zur Zeit des Nationalsozialismus oder mit potenziell belasteter Provenienz nach dem Krieg in den Besitz des Museums gelangten, finden im LVR-LandesMuseum andauernde Provenienzforschungen statt.

Neuausrichtung nach dem Krieg

Das Jahrzehnt nach dem Krieg war von der Beseitigung der Kriegsschäden und der Wiedereinrichtung des Museums geprägt. Im Zuge der danach erfolgten Neuaufstellung richtete sich das Rheinische Landesmuseum an den Bedürfnissen der Besucher*innen und den aktuellsten musealen Standards aus. So war bereits zu Beginn der 1970er Jahre ein museumspädagogisches Angebot im Haus angesiedelt, das auch für die kleinsten Bürger und Bürgerinnen den Besuch im Museum spannend und interessant gestaltete.

Der vordere Teil des Museums wurde nach dem Krieg abgerissen. Der Neubau wurde umgangssprachlich

Das neuerrichtete Museumsgebäude an der Colmantstraße um 1967. Foto: LVR-LandesMuseum Bonn.

Mit dem Jahr 1998 begann ein aufwendiger Umbau des Museums in dessen Zuge eine ganz neue Dauerausstellung konzipiert wurde. Es wurden sogenannte Themenrundgänge eingerichtet, in denen unter thematischen Aspekten Objekte unterschiedlicher Epochen und Gattungen gemeinsam präsentiert wurden. Mit dieser Art der Präsentation sollten die Querverbindungen und Zusammenhänge zwischen den Objekten der Sammlung verdeutlicht und ein Netz von Bezügen über die Jahrhunderte hinweg geknüpft werden. Diese Rundgänge standen beispielsweise unter den Überschriften: Von Göttern zu Gott, Macht und Mächte und Kelten im Rheinland.
Es war und bleibt der Anspruch des Museums die Geschichte des Rheinlandes an möglichst viele Menschen vermitteln zu können und das kulturelle Erbe zu bewahren, zu präsentieren und zu erforschen. Um diesem Leitgedanken gerecht zu werden, finden am LVR-LandesMuseum fortdauernde Forschungen zu aktuellen Funden und archäologischen, historischen Fragestellungen statt.

Ein neues Kapitel

Im Jahr 2018 nahm das LVR-LandesMuseum Bonn (diesen Namen trägt das Museum seit 2008) Umbaumaßnahmen in Angriff, um dem eigenen Anspruch an Partizipation und Inklusion gerecht zu werden. Das Museum möchte allen Menschen einen spannenden, informativen und kurzweiligen Besuch des Hauses ermöglich. Deswegen wird weiter daran gearbeitet, die Liegenschaft komplett barrierefrei zu gestalten und die Ausstellungen sollen gänzlich inklusiv und interaktiv werden.
An dieser Leitidee ausgerichtet, wird derzeit die Dauerausstellung überarbeitet: Sie wird komplett neugestaltet und ermöglicht nach der Fertigstellung einen Streifzug durch 400.000 Jahre Geschichte. Dafür wurde die Einteilung nach Themenrundgängen aufgegeben und ein ganz neues Ausstellungskonzept erstellt. Die Objekte werden in Zukunft entlang des roten Fadens der Zeit epochengeschichtlich-thematisch präsentiert. Als erster Bereich ist die Neandertaler-Rotunde nach diesem Konzept realisiert. Das zweite Obergeschoss mit der Zeit des Mittelalters bis zur Gegenwart wird 2023 folgen.